Lev Grossman – The Magicians Trilogy

Veröffentlicht von Stefan Egeler am

Quentin Coldwater, 17 Jahre, ist brillant, aber unglücklich. Sein Alltag langweilt ihn. Stattdessen träumt er sich in die magische Welt Fillory aus einer sehr kitschigen Kinderbuchserie. Da erhält er einen Brief, der fliegt ihm davon und führt ihn durch eine Hecke hindurch in eine magische Universität.
Man wird ihm das Zaubern beibringen. Zusammen mit anderen, die ihn an Intelligenz, Missmutigkeit und sozialer Inkompetenz in nichts nachstehen. Aber wird er dadurch irgendetwas lernen?

Über die Ziellosigkeit einer ganzen Generation

The Magicians handelt von einem Gefühl, das viele meiner Generation umtreibt. Nämlich dem, dass das eigene bequeme Leben möglicherweise total sinnlos ist. Magie, das bedeutet doch, dass etwas wie von allein kommt. Aber wie von allein bekommen wir doch schon alles. Und es ist fad.
Die Trilogie erzählt von diesem Mangel an Sinn. Es ist eine Zauberlehrling-auf-Zauberschule-Geschichte, aber öffnet sich zur Geschichte eines ganzen Lebens. Magie in The Magicians ist eine Arbeit wie jede andere – und fühlt sich auch so an.

Eine raffinierte Nerdfundgrube

The Magicians handelt von Quentins Leben, das er um die Kindergeschichten der fiktiven Fillory-Bücher herum webt. Doch diese wiederum haben einen Kern, so dass sich eine Geschichte um eine Geschichte um eine Geschichte entwickelt. Leben, Fühlen und Sehnen habe ich selten so raffiniert verpackt gesehen. Dazu ist The Magicians ein psychologisches Kaleidoskop unserer Zeit, denn die drei Bücher platzen vor schrägen Vergleichen und Referenzen zu Popkultur sowie Wissenschaft – eine Nerdfundgrube.
Im englischen Sprachraum gibt es das Subgenre der Literary Fantasy. Es adelt Bücher, die auf ungewöhnliche und nennenswerte Art mit phantastischen Themen oder Konventionen spielen. Peter S Beagles Das letzte Einhorn ist so eine Geschichte und Lev Grossmans The Magicians ist es auch.

Harry Potter vs Quentin Coldwater

The Magicians is to Harry Potter as a shot of Irish whiskey is to a glass of weak tea.
George R R Martin (Game of Thrones)

Ich bin mit Harry Potter aufgewachsen und habe ein genauso fantasievolles Buch (aber für Erwachsene) […] von Lev Grossman erwartet!
Leider wurde ich bitter enttäuscht […]
Laura, Amazon-Rezensentin

Ich finde das so spektakulär. Klar, die Geschichte eines jungen Mannes, der an einer geheimen Magierschule das Zaubern lernt, das lädt zu einem Vergleich mit Harry Potter ein. Aber während George Martin markig und herablassend den Vorteil bei Quentin sehen, gehen die Rezensionen von The Magicians zu einem ganz klaren Sieg des britischen Jungen:



(Bewertungen der deutsprachigen Ausgabe von The Magicians – im Englischsprachigen sehr ähnlich)
Viele der 1-Sterne-Bewertungen stimmen mit der Rezensentin Laura überein.
Was ist da los?

The Magicians = Harry Potter − Wohlfühlen + Ziellosigkeit

George Martins Spruch ist markig, auch ein bisschen aggressiv, aber für mich passt er. Harry Potter war auch eine Geschichte über Magie-Fernweh, darüber, sich wohlzufühlen und an einen Ort anzukommen. Ich kann nur vermuten, dass Laura das meint. Es würde passen, denn The Magicians bietet dem Leser kein sich-Wohlfühlen. Ich glaube, es ist nicht einmal ein Buch für jemanden, der Abenteuer, Fantasy oder magische Ereignisse sucht. Es ist ein anti-phantastisches, anti-abenteuerliches und anti-magisches Buch. The Magicians erzählt nicht davon, wie ein Junge von bösen Stiefeltern ausbricht und in einer liebenden Magieschule aufgenommen wird. Es erzählt davon, wie ein junger Mann versucht, sich von seinen ganz normalen Eltern abzuheben, um zu erkennen, dass sein Hoffnungspunkt im Leben, die Magie, nur ein weiterer fader Handwerksberuf ist.
Du bist sowohl Fan von Harry Potter als auch von The Magicians? Dich habe ich gesucht wie ein Unique Beast oder vielleicht wie das Cozy Horse. Schreib mir einen Kommentar oder eine Mail: Wie geht das zusammen?

Andere Ausgaben

Die deutsche Romanausgabe

Der Verlag S. Fischer hat The Magicians unter dem Titel Fillory herausgebracht, was mich nur begrenzt begeistert. Die Dreireihung der englischen Titel (The Magicians, The Magician King und The Magician’s Land) ist sehr stimmig und ich hätte sie gern auch im Deutschen so gesehen.
Das Cover ist handwerklich in Ordnung, aber es ist ein Young Adult Cover. Hat von den Entscheidern jemand das Buch gelesen?
Am meisten schmerzt aber der Klappentext. Der amerikanische ist perfekt. Die Amerikaner schreiben oft tolle Klappentexte, diesen etwa:

Quentin Coldwater is brilliant but miserable. A high school math genius, he’s secretly fascinated with a series of children’s fantasy novels set in a magical land called Fillory, and real life is disappointing by comparison.
Aus dem Klappentext der englischen Ausgabe

Und im Vergleich dazu S. Fischer:

Quentin Coldwater steht kurz vor dem Abschluss der Highschool. Die Schule langweilt ihn – wie ihn eigentlich alles langweilt außer Fillory, das magische Land aus den phantastischen Büchern, die er liebt.
Aus dem Klappentext der deutschen Ausgabe

 Bildquelle: S.Fischer

Die Streamingserie

Vor dem Buch war die Serie. Also, nicht wirklich. Nur bei mir. Ich bin zuerst über Amazon Prime auf die Geschichte gestoßen, ein ScyFy-Original, von dem man bei Amazon derzeit zwei Staffeln sehen kann.
Die Produktionsfirma hat alles richtig gemacht:

  • Lev Grossman betreut die Serie.
  • Die Darsteller sind phänomenal.
  • Manchmal ein bisschen low budget, wartet die Serie immer wieder mit echt schönen Effekten auf.
  • Die gleiche Stimmung wie das Buch: Selbstbezogene, unzufriedene Millenials lernen das Zaubern, sind ein wenig fasziniert und stellen dann fest, dass sich dadurch kein wesentliches Problem löst.

Wer das Buch mag, dürfte die Serie mögen, und umgekehrt.
Praktisch: Die Serie folgt nach der ersten Viertelstunde seinen eigenen Handlungssträngen. Sie weicht nicht nur in der Sortierung, sondern auch in den Ereignissen stark vom Buch ab. Es bleibt also interessant und spannend.

Bildquelle: SyFy

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